Der Obstbaumwart hilft

Ein Interview mit dem Obstbaumwart Philipp Elsässer

KN: Herr Elsässer, Sie sind ausgebildeter Obstbaumwart. Was können wir uns darunter vorstellen?

P.E.: Obstbaumwarte sind fachlich qualifizierte Obstbaumberater, die ehrenamtlich für die Bürger der StädteRegion für alle Fragen rund um den Obstbaum zur Verfügung stehen. Zielgruppe für die Obstbaumwarte sind in erster Linie Besitzer von Hausgärten, Schrebergärten oder Streuobstwiesen. Die Obstbaumwarte unterscheiden sich darin zum Beispiel von den Beratern der Landwirtschaftskammern, die für die Betreuung und Beratung von Erwerbsobstbauern zur Verfügung stehen.

KN: Wie wird man Obstbaumwart?

P.E.: Obstbaumwarte werden von den Biologischen Stationen des Kreises Düren und der StädteRegion in einem strukturierten Programm ausgebildet, das sich über ein ganzes Jahr erstreckt. In insgesamt 10 halbtägigen Einheiten werden Theorie und Praxis rund um den Obstbaum vermittelt. Mittlerweile gibt es in Aachen und Düren über 50 ausgebildete Obstbaumwarte. Im Stadtgebiet Herzogenrath gibt es neben mir noch vier andere Kollegen und Kolleginnen. Ihre Adressen sind bei mir oder über die Biologische Station in Stolberg verfügbar.

KN: Welche Vorkenntnisse und Neigungen haben Sie für diese Aufgabe mitgebracht?

P.E.: Ich bin von Haus aus ziemlich vorbelastet, was den Obstbau angeht. Unsere Familie hat immer Obstbäume bewirtschaftet, hauptsächlich für den Frischverzehr, aber auch für die Herstellung von Apfelwein. Über meine Eltern und Großeltern habe ich Äpfel und Pflaumen als vielseitig verwendbare und köstliche Lebensmittel kennen und schätzen gelernt. In meinem Garten habe ich, bevor ich mit der Ausbildung zum Obstbaumwart begann, selbst verschiedene Obstbäume gepflanzt und gepflegt und dabei auch erste Erfahrung mit Veredelungen gesammelt. Es ist eine schöne Sache, einen Baum von der Pflanzung bis zur ersten Ernte zu betreuen und viele Monate im Jahr über leckeres Obst – Äpfel, Birnen, Pflaumen, Mirabellen - und Nüsse zu verfügen.

KN: Für welche Fragen genau stehen Sie interessierten Bürgern zur Verfügung?

P.E.: Bei praktisch allen Fragen rund um Auswahl, Pflanzung, Pflege der Bäume und Verwertung der Früchte. Einen Baum zu pflanzen ist eine Entscheidung für mehr als ein Menschenalter. So ein Baum, wenn er richtig gepflanzt und gepflegt wird, kann spielend hundert Jahre alt werden und einigen Generationen dienen. Da ist es wichtig, die richtige Sorte zu wählen, gutes Pflanzmaterial zu kaufen und sich mit den Grundsätzen der Pflege – der wichtigste ist der Schnitt – intensiv zu befassen. Auch bei der Diagnose von Krankheiten und bei der Bestimmung von Sorten haben wir gewisse Grundkenntnisse. Und wenn die Baumwarte mal nicht mehr weiter wissen, dann haben sie immer noch die Kontakte zu Fachleuten, die sie aktivieren können.

KN: Werden Sie in dieser Funktion auch von den Bürgern in Anspruch genommen?

P.E.: Es freut uns, wenn wir interessierten Bürgern weiterhelfen können. Kürzlich kam zu mir ein junges Ehepaar, die ein Apfelbaum unbekannter Sorte in ihrem Garten durch seinen starken Wuchs schier zur Verzweiflung getrieben hatte. Über die Sortenbestimmung konnte ich Tipps zu Schnitt und Pflege geben. Damit wird der Baum bessere Früchte tragen, wird dadurch geschätzt und bleibt hoffentlich lange erhalten.

KN: Welche Perspektive sehen Sie für die Arbeit der Obstbaumwarte und was möchten Sie den Bürgerinnen und Bürgern vermitteln?

P.E.: Als Baumwart sehe ich eine große Aufgabe darin, den Leuten alte, wertvolle Obstsorten näherzubringen, jede von ihnen für einen eigenen Zweck geeignet – Frischverzehr, Kochen, Backen, Dörren, Saft – und sie zu animieren, die immense Geschmacksvielfalt des heimischen Obstes kennenzulernen – ein richtiger Geschmackskosmos im Vergleich zu den paar Sorten, die noch im Handel angeboten werden. Und das alles bei kurzen Wegen und ohne Chemie! Hier in der Region hat der Obstbau eine über tausendjährige Tradition – seit Karl dem Großen – und ich fühle mich als Teil dieser Kultur. Dafür lohnt es sich zu arbeiten!